Von H. Hofmann (vgl. die Einleitung zur vorliegenden Ausg.) zum ersten Male mitgeteilt.
I.
Das Fischerstechen.
Der Sohn des reichen und berühmten Freiherrn von Gleichen ist auf einer Reise in eine Flußstadt (etwa Ulm–Regensburg usw.) gekommen, sieht und liebt dort die Tochter des Ober-Aeltesten der Schiffer-Gilde. Er hat ihr seine Liebe gestanden, zugleich aber auch die geringe Hoffnung, die er habe, von seinem Vater die Einwilligung zu einer so ungleichen Verbindung zu erlangen. Seine Leidenschaft, die größer ist als die Rücksicht auf den Vater, bewegt ihn, um wenigstens auf einige Zeit in des Mädchens Nähe zu leben, seinen Stand zu verläugnen und Dienste bei dem Schiffermeister zu nehmen.
Zu diesem Zweck hat er seinen Bedienten (die komische Figur des Stücks) in seine Kleider gesteckt und läßt ihn unter seinem Namen in der Stadt leben, seinen Vater glauben zu machen, er selbst halte sich als Freiherr von Gleichen dort auf.
Der Schiffermeister hat seinem ältesten Gesellen die Tochter zugedacht, und dieser ist der eifersüchtige Liebhaber. Doch ist er, geblendet von dem schimmernden Auftreten des Bedienten, den er für den wirklichen Freiherrn hält, auf diesen und nicht auf den wahren Liebhaber eifersüchtig. Dieses Verhältnis der Beiden gibt Anlaß zu komischen Szenen. Alljährlich feiert die Stadt ein großes Fest, das Fischer- oder Schifferstechen (bekanntlich werden an manchen Orten noch jetzt solche Feste gehalten). Der Altgeselle soll an diesem Tage Sieger bleiben, dadurch Meister werden und die Tochter zur Frau bekommen. Diß ist der Plan des alten Meisters.
Der junge Gleichen sieht, daß ihn und die Geliebte nichts von diesem verderblichen Plan retten kann. Nur ein Ausweg ist möglich, nemlich den Alt-Gesellen, der als der beste Schiffer bekannt ist, nicht zum Sieger werden zu lassen. Gleichen, im Führen der Lanze wohl erfahren, spricht in einem muthigen, kriegerischen Liede sein Vertrauen aus, den Gegner zu besiegen und die Braut zu gewinnen. Er will sogar seinen Stand ganz verlassen, immer als Schiffer leben und um die Geliebte werben.
Der eifersüchtige Alt-Geselle hat indessen dem alten Gleichen gemeldet, daß sein Sohn in einem Verhältnis mit der Tochter des Schiffermeisters sei. Der alte Gleichen kommt, um seinen Sohn zurückzurufen. Er wird von dem Bedienten, der sich vor ihm nur im Livrée-Rock zeigt, überzeugt, daß sein Sohn schon nach Hause abgereist sey. Unterwegs bekommt er die Nachricht, daß er belogen worden, daß sein Sohn noch in der Stadt sey, und trifft gerade in dem entscheidenden Moment ein, wo sein Sohn im Schifferstechen siegt. Er glaubt der Kleidung nach unter der Menge seinen Sohn zu sehen und trifft den – Bedienten. Durch ihren Wortwechsel der im Vor-Grund vorfällt, wird die Aufmerksamkeit der Zuschauer von dem Hintergrund abgelenkt, wo das Schifferstechen stattfindet.
Der junge Sieger wird im Triumpf vorgefühlt. Der Meister, im Zorn, daß der Altgeselle überwunden worden, sagt die Tochter dem Sieger zu, die Glücklichen umarmen sich, und in demselben Augenblick erkennt der alte Gleichen seinen Sohn.
Im Drang des Augenblickes, hingerissen von dem Schmerz des Mädchens, von der Verzweiflung des Jünglings, gesteht der alte Schiffer-Meister, daß sie nicht seine Tochter sey, ein Geheimniß, mit welchem der Zuschauer schon während des ersten Actes durch eine Unterredung des Alten mit seinem Freunde, dem Bürgermeister der Stadt vertraut gemacht wurde. Eine Edelfrau (deren Gatte in der Schlacht geblieben, war) schiffte sich sehr krank mit dem unmündigen Kinde in seinem Schiffe ein, um in Oesterreich Verwandte um Hilfe anzuflehen. Sie wurde auf dem Schiffe so krank, daß man sie ans Land bringen mußte. Dort, dem Tode nah, übergab sie dem Schiffer, zu welchem sie Vertrauen gefaßt, ihre Tochter und die Familien-Papiere, die ihre Geburt belegten, und bath ihn, das Kind zu den Verwandten zu bringen. Die Verwandten aber waren so hartherzig daß sie das Kind nicht aufnehmen wollen. Da nahm er es selbst zu sich und zog es auf.
Der Meister zeigt einen Ring vor, welchen ihm die Mutter des Kindes als ein Vermächtniß des Vaters, das er sterbend vom Schlachtfeld geschickt, gegeben. Der alte Gleichen betrachtet den Ring, staunt und gesteht, daß er denselben Ring einem Jugendfreund gegeben habe, und fragt nach dem Namen der Edelfrau. Der alte Fischer nennt ihn, es (ist) der Name seines Freundes. Gleichen ist überzeugt, und das Andenken an diesen Freund, die Bitten des Sohnes, die Liebenswürdigkeit des Mädchens bestimmen ihn, sie als Tochter aufzunehmen. Großes Jubel- und Gratulationsfinale.
Als komisches und lebendiges Zwischen-Spiel kann die Liebe des Bedienten zu einer Nichte des alten Fischers benüzt werden. Sie lieben sich, aber er darf seinen wahren Stand nicht verraten und sie hat, trotz der Liebe, ungemeine Ehrfurcht vor ihm, als einem Ritter, was ihm höchst unbequem ist.
II.
Parodie von Wallensteins Lager.
(Bierspiel am andern Tisch.)
Hörner.
Bemogelt hast Du, ich sahs genau.
Ziegel.
Beweiß Du mirs nur gleich auf der Stelle!
Rein.
Ich spiel aus. –
Hörner.
Da liegt Herz-Sau.
Ziegel.
Wart, die stech ich mit der Belle.
Und Aß – und König – und Zehner und Dam’ –
Hörner.
Den Stich krieg’ ich wieder, ‘s ist doch infam!
Kercher.
Seht, wie der Ziegel den Fuchsen dort prellt!
Anderthalb Schoppen, so will ich schweigen.
Ziegel.
‘Schoppen noch! – man kommt durch die Welt
Nur durchs Bemogeln, – es soll gleich steigen.
Wund. Hohenhorst (treten ein).
Sieh, sieh!
Da treffen wir lustige Kompagnie!
Kercher.
Was für Bursche mögen das seyn?
Treten ganz schmuck und stattlich herein?
Mosstein.
Sie kommen aus Preußen, so viel mir bekannt,
‘s sind Bonner Bursche, ich kenns am Band.
Wirthin.
Glück zur Ankunft, ihr Herrn,
Mit was kann ich dienen? was hätten Sie gern?
Wund.
Wie? was seh ich? Himmel und Höllen,
Ist denn das nicht die Gustel aus Köllen?
Wirthin.
Ei freilich und Sie wohl gar Herr Wund,
Des Amtsvogts Söhnlein von Peterstund,
Der seines Vaters goldene Füchse
In meiner Kneipe hat durchgebracht
Zu Leipzig in einer glücklichen Nacht.
Wund.
Und die Bibel vertauscht mit der Doctorsbüchse –
Wirthin.
Ei, da sind wir ja alte Bekannte!
Wund.
Und treffen uns hier an des Neckars Strande?
Wirthin.
Heute da, Herr Vetter, und morgen dort.
Wie das Schicksal einen Wirthsbesen
Fegt und schüttelt von Ort zu Ort,
Bin seither weit herum gewesen –
Wund.
Auf Cerevis! ich glaub’ ihrs aufs Wort!
Wirthin.
Von Leipzig aus, da zog mein Vater
Nach Wien und wirthschaftete in dem Prater,
Er starb – noch denk’ ich dran mit Schmerz,
Ich habe, Sie wissens, ein weiches Herz.
Nach seinem Tode war ich so dumm
Und heirathete den Wirth am Museum,
Ach! Der sezte mich auf den Hund,
Richtete mich an Leib und Seele zu Grund.
Da habens wir nachher reiflich erwogen
Und sind nacher Schwaben herausgezogen,
Da will ichs in Tübingen jetzt probieren,
Obs mir in die Länge hier gefällt,
Ob mein Wirthshaus wird florieren
Und – hauptsächlich, obs abwirft – Geld.
Wund.
Doch wo hat Sie denn ihren Mann,
Den Oestreicher mein ich, hingethan?
Ist er denn nicht mit herausgezogen?
Wirthin.
Der Spitzbub’ hat mich schön betrogen!
Fort ist er, mit allem davongefahren,
Was ich mir thät’ am Leib ersparen.
Ließ mir nichts als den Schlingel da.
Knabe.
Mutter! sprichst Du von meinem Papa?
Wirthin.
Komm, Du kleines Affengesicht!
Ob’s gerad Dein Papa ist, weis ich nicht.
Wund.
Nun, das muß die Wirthschaft ernähren,
Die Menschheit sich stets muß neu gebähren.
(Zu den anderen Burschen.)
Euch zur Gesundheit, meine Herrn!
Laßt uns hier auch ein Plätzchen haben.
Mosstein.
Wir rücken zu, willkommen in Schwaben!
Wund.
Schön hier! Auf der Reise von Land zu Land
Konntens wir nicht so bequem stets haben!
Kercher.
Man sollts euch nicht ansehn, ihr seyd galant; –
Ihr habt da saubere Spitzen
Am Kragen, und wie euch die Hosen sitzen,
Die feine Wäsch’, die gestickte Mütz,
Das beißt sich heraus, potz Donner und Blitz.
III.
Unbetitelte Szenen eines Singspiels aus der mittelalterlichen Geschichte.
Erste Szene.
Ritter Und Damen an Tischen gruppiert. Knappen und Dienerinnen im Hintergrund.
Rechts vom Zuschauer streiten sich während des ersten Chors der Wirt und Conrad durch Geberden.
Chor.
Laßt im edeln Blut der Reben
Unsern künft’gen Kaiser leben;
Stoßet an und trinket aus:
Hoch! Der Kaiser und sein Haus!
Babette (singend)
Sieben Zimmer! Zwei dem Grafen,
Drei, worinn wir Damen schlafen,
Auch dem jungen Ritter zwei,
Gebt mir sieben Zimmer frei!
Wirth (singend)
Alles hab ich schon vermiethet.
Wenn ihr hundert Gulden biethet!
Doch mein eignes Kämmerlein
Räum’ ich Euren Damen ein.
Babette.
Sieben Zimmer –
Wirth.
Schon vermiethet.
Babette.
Drei den Damen,
Schon vermiethet.
Babette.
Und dem jungen Ritter zwei.
( Conrad).
Gebt mir sieben Zimmer frei!
Wirth.
Doch mein eignes Kämmerlein
Räum’ ich Eurer Dame ein.
Chor.
Welches Zanken
Welches Streiten!
Soll man diß
Im Wirthshaus leiden
Ei Herr Wirth,
Was soll dieß sein!
Laßt das Zanken
Laß das Schrei’n!
Zweite Szene.
Die Vorigen, v. Sperber. Conrad.
Wirth.
Da kommt der Herr von Sperber: schaut Euch um.
Das ist mein letzter Gast, mein leztes Zimmer
Hat er schon vor drei Stunden eingenommen.
Vielleicht – er ist ein guter, braver Herr,
Vielleicht, daß er aus großer Höflichkeit, –
Wie solche Herren gegen Damen sind, –
Sein Zimmer umtauscht für mein Kämmerlein.
Conrad.
Was seh’ ich: alle gute Geister!
Dort steht Babette, unsrer Gräfin Zofe
Da ist wol ihre Dame selbst nicht weit?
v. Sperber.
Geh! sprich sie an, vielleicht daß wir erfahren –
Conrad weigert sich.
Babette.
Mein Gott im Himmel! Das gibt schöne Sachen,
Jezt gute Nacht, Herr Bräutigam, wenn dieser
Die alten Rechte bei dem Fräulein fordert.
Ei! und auch der Doctor, die will ich bezahlen.
Conrad (naht sich Babetten).
(Mich gehorsamst)
Ob ich an
Duett.
Conrad. Babette.
Conrad, naht sich schüchtern. Babette stellt sich spröde.
Conrad.
Ob ich meinen Augen traue?
Jungfer Baby? wär’ es möglich?
Babette.
Ists Herr Conrad, den ich schaue?
Ei der tausend! wär’ es möglich?
Conrad (halb pathetisch).
Hätt ich das gedacht, als ich so schmerzlich
Damals an die Gartenmauer kam?
Weiß man noch, wie man so warm und herzlich
Von dem armen Conrad Abschied nahm?
:/ Ja gewiß! auf Reisen muß man gehn,
Will man alte Freunde wieder sehn! /:
(wendet sich um.)
Babette.
Weiß man noch, was man von ewig lieben,
Ja von Hochzeit und Pastör gesagt?
Beym Versprechen ist es dann geblieben.
Nach Babette hat man nicht gefragt.
Conrad (zärtlich)
Jungfer Baby!
Babette (spöttisch).
Nun? Herr Doctor!?
Conrad.
O, Schäz’chen sey nicht spröde.
Komm her und hör’ mir zu –
Babette.
Ei! Man ist gar nicht blöde
Man spricht ja gleich mit Du!
Conrad.
Viel besser wird Dich kleiden
Ein Du aus alten Zeiten
Ein freundlich, herzlich Du!
Babette.
Vorbey sind jene Zeiten
Ich mag diß Du nicht leiden
Man lasse mich in Ruh!
Conrad.
Nur einmal noch diß Du!
Babette.
Man lasse mich in Ruh!
Conrad.
Ein Du? ein Du?
Babette.
Laß mich in Ruh! –
Beide.
Doch wird (Dich / mich) besser kleiden
Diß Du aus alten Zeiten
So (gib / nim) das alte Du –
(Dein / Mein) Du!
Conrad. Nun, – über den ersten Berg waren wir hinüber, aber nun der zweite; wie kömst Du hieher, Baby, wo ist Graf Gleichen? Was hat Dir dieser gute Wirth, dieser allgemeine Menschenfreund leides gethan, daß Du ihn beinahe zum Weinen bringst? Und hast Du meinen jungen Herrn noch nicht gesehen?
Babette. Ei warum nicht, und vor Dir: ich wünsche dem Herrn Junker einen guten Tag.
Cuno (v. Sperber). Schön Dank! Doch schwärmst Du so allein und ohne Deine Dame durch die Welt?
Babette. Ach, nein! Ich habe schon an dieser Stunde genug. Meine Herrschaft wird gleich hier seyn und ich kam nur, um die Zimmer zu bestellen, denn der Herr Graf meint, niemand könne diß besser als ich.
Cuno.
So zieht der Graf nach Frankfurth zu der Krönung?
Und Fräulein Ida hat ihn herbegleitet,
Das Krönungsfest zu sehen?
Babette.
(Verlegen) freilich – freilich
Doch weiß ich nicht, ob Ihr Euch freuen,
Ob Ihr Euch grämen werdet, Herr von Sperber
Wenn Ihr sie wieder seht.
Cuno.
Ob ich mich gräme?
Du sprichst in Räthseln. Ist Dein Fräulein krank?
Babette.
Sie ist nicht krank und ist doch nicht gesund,
Denn unser alter Herr führt jemand mit sich,
Der ist, ich fürchte, gar ihr – (hält inne).
Cuno.
Nun?
Conrad.
Vielleicht ihr Medicus?
Babette.
Ihr Bräutigam.
Conrad.
Ihr Bräutigam!
Cuno.
Wie? Idas Bräutigam?
Doch ich entsinne mich,
Du scherzest gern …
Baby.
Ach! Herr von Sperber!
Dißmal ists bittrer Ernst, – ich bin so traurig
Daß ich mein ganzes Leben nimmer scherze.
Zwar meines Wissens haben sie den Ring
Noch nicht gewechselt; doch ich fürchte
Wer alte Herr will nur das Fest erwarten.
Um den Verspruch recht glänzend zu begehen.
Doctor (Conrad).
Ich bitte, faßt Euch, Junker! Wißt ihr nicht
Wie gern die Weiber alles übertreiben?
Ich wollte wetten, recht beim Licht besehen,
Ist dieser Bräutigam ein Anverwandter,
Ein armer Vetter oder sonst dergleichen,
Der sich’s zur Ehre rechnet, mit dem Grafen
Zum Krönungsfest zu reiten, und Babette
Hat sich ein Mährchen d’raus gemacht.
Babette.
Ein Mährchen, ei man sehe doch, ein Mährchen!
Das Fabeln freilich kann man leicht erlernen,
Wenn man bey Euch, Herr Doctor, Stunde nimmt
Doch wird sich Junker Sperber wol erinnern,
Daß mich das Fräulein ins Vertrauen zog
Und daß ich alles weiß.
Doctor.
Nun denn, so beichte,
Doch setz ich meinen Doctorhut zum Pfand,
Es ist nichts mehr als eine Unze Wahrheit,
Gemischt mit einem Zentner Übertreibung.
Babette.
Seit sieben Wochen wohnt auf unsrem Schloß
Ein junger Herr von Dalberg; irr ich nicht,
Ein Sohn von einem alten Freund des Grafen.
Er wird gehalten wie ein Königs Sohn
Und herrscht und ruft im ganzen Schloß umher.
Als sey er Herr, wir andern nur die Gäste.
Und denket Euch, mir hat er zugemuthet,
Ich soll’ ihm seine Sporen fester schnallen,
Als war ich Stallknecht bei dem gnäd’gen Fräulein.
Doctor (Conrad).
‘s ist himmelschreiend: diese zarten Händchen
Die Sporen schnallen, gleich als wäre sie,
Des gnäd’gen Fräuleins Stallknecht! aber weiter –
Babette.
Du spottest noch! ich hab’ ihm aber tüchtig
Bewiesen, wer ich bin; Herr Ritter, sagte ich,
Ich bin des gnäd’gen Fräuleins Kammerfräulein,
Bin guter Leute Kind, mein Vater seelig
War Jägermeister bei dem Grafen, sagt’ ich.
Und ich ward aufgezogen mit dem gnäd’gen Fräulein
Und bin gebildet wie ein Frauenzimmer,
So sagte ich, und kurz und gut – ich schnall’ nicht.
Wirth.
Ei, Jungfer Baby, Ihre Pferde stampfen
Und Ihre Knechte fluchen wie die Heiden –
Babette.
Hätt ich beinahe doch die Zeit verplaudert
Und bald vergessen, daß wir noch dem Grafen
Entgegen müssen, nun auf Wiedersehen,
Herr Doctor –
Doctor (Conrad).
Baby – nur noch zwei Minuten
Wie ist es mit dem Bräutigam –?
Baby.
Ich kann nicht. –
Ein andermal – der Graf wird schrecklich böse.
Wenn ich solange –
Sperber.
Baby, nur ein Wort!
Doctor (Conrad).
Der junge Dalberg –
Baby.
Ist ihr Bräutigam (ab).
Sperber, Doctor (Conrad).
Sperber.
Ihr Bräutigam! und Baby muß es wissen,
Wie sie manchen Gruß, wie manches Band der Liebe
Hat sie von Ida auf geheimen Wegen
Mir überbracht! Und doch – es ist nicht möglich,
Dieß Auge, das nur mir zu lächeln schien,
Für mich nur jenes zärtliche Geheimniß
Verstohlene Blicke hegte, dieses Auge
Soll für ein fremdes Auge Liebe strahlen?
Dein süßer Mund soll Liebes-Worte hauchen,
Die nicht zu meinem Ohr geflüstert sind?
Die zarte Hand soll eine andre fassen
Als diese, die sie einst zum Schwur gedrückt?
Doctor (Conrad).
Es ist ein Mährchen, Junker, wie ich sagte.
Doch sagt mir eines, was mir nicht ganz klar,
Weiß Idas Vater ‘was von Eurer Liebe?
Sperber.
Der Alte kennt mich und er hält mich werth
Seit jener Schlacht, da ich an seiner Seite,
Von Jugend Muth und gutem Glück geführt,
Den seel’gen Kaiser ….. gerettet.
Und damals war es, daß er mich auf Gleichen
Nach seiner Burg wie einen Sohn geführt,
Und damals zog ich mit nach seinem Schloß.
Und wie ich Ida fand – wie sie mich liebte –
Du weißt es und ich hab es oft erzählt.
Doch kennst Du auch mein trauriges Geschick’,
Wie ich verlassen, einsam, heimathlos
Dem oft versprochnen Licht entgegen schaue,
Das mir mein dunkles, räthselhaftes Schicksal
Erklären soll!
Doctor (Conrad).
Und darum habt Ihr nicht gewagt
Dem Grafen Eure Liebe zu entdecken?
Daß Euch der alte Herr von Falk erzog,
Macht Eurem Namen Sperber keine Schande,
Daß Ihr nicht wißt, wer Eure Eltern waren,
Ist unbequem, doch ist es keine Schande,
Hat doch der alte Kaiser sie gekannt
Und Eure redliche und unbescholtne Herkunft
Mit Brief und Siegel Euch bestättigt, und das Geld,
Das Euch sein Kanzler alle Monat zahlte
Und jezt noch zahlt, beweist zum mindesten,
Daß Eure Eltern reiche Leute waren.
Sperber.
Diß Alles macht mich vor den stolzen Augen
Des Grafen nie zu seinem würd’gen Sohn.
Er zieht eine goldene Kapsel, die er an einer Kette trägt, aus dem Koller.)
O daß ich einmal dich eröffnen dürfte.
Den Namen meiner Namen auszusprechen
Und mich an Deutschlands edelste Geschlechter
Mit Spruch und Wappen offen anzuschließen.
Doctor (Conrad).
Was seh’ ich Junker! Diese kleine Schale
Verschließt den Namen und Ihr habt bis heute
Gezaudert, diese volle Nuß zu knaken?
Gebt her, ich will es Euch eröffnen –
(greift nach der Kapsel.)
Sperber.
Hinweg! – es bindet mich ein hoher Schwur
Nie darf ich selbst, nie eine fremde Hand
Die kleine Wohnung meines Kummers öffnen,
Ich schwurs dem alten Falk an jenem Tag,
Da er mich waffenfähig machte. Diesen Eid,
Ich muß ihn halten bis der rechte Mann
Mit Zeichen, die ich niemand nennen darf,
Den Schlüssel mir zu dieser Pforte reicht!
Doctor (Conrad).
Das ist ein schlechter Spatz! Da könnte einer
Aus lauter Sehnsucht nach dem kleinen Schlüssel
Die Schwindsucht kriegen, und mich wundert’s nur,
Daß ihr nicht längst vor Lust nach dem Geheimniß;
Ein Narr geworden seid. ‘s ist eben so,
Als trüg ich einen Beutel in der Tasche,
Gefüllt mit lauter Spanischen Quadrupeln,
Und dürfte doch den Knoten nicht eröffnen,
Als biß der Mann mit seinem Zeichen kommt.
Und wenn ich nun mein andres Geld verloren.
Verspielt, vertrunken oder sonst verpraßt,
Kein Heller in der Tasche als Quadrupel, –
Mein Wort ist mir so theuer als dem Kaiser! –
Doch stünd’ ich nicht dafür, daß meine Finger,
Wenn ich gerade etwas andres dächte,
So lange an dem dummen Knoten nagten,
Bis sie zum Gold sich eingewühlt.
Sperber.
Genug. Vergebens lockst Du mich.
Denn eh’ nicht meines Herzens volle Schläge
Die an den Namen meiner Ahnen pochen,
Zerschmettern dieses goldene Gehäuß,
Und eh’ nicht sein Metall wie weiches Wachs
An meiner heißen Brust zerschmilzt, will ich getreu
Auf meinem Wort, wie Männern ziemt, verharren.
Doctor (Conrad).
Ich kenne das, das sind die alten Grillen
Von Treu und Eid, worüber man sich lieber
Todtschlagen lassen soll, als je sie brechen.
Als hätte nicht die gütige Natur
An unsrer Wiege schon vor allen Dingen
Das feste Ehrenwort uns abgenommen,
Ein jeder soll sich selbst der Nächste seyn,
Und sollt er auch dabey zu Grunde gehen.
Doch hört ihr nicht, mir wars, als stürmte man
Trepp auf. Trepp ab! (eilt ans Fenster).
Sie reiten in den Hof!
Verzeihet, Junker, doch mich läßt’s nicht hier,
Ich muß genau die kleine Baby sehen,
Wie ihr das Maulthier steht, mit dem sie kam.
Und wie dem Fräulein der Herr Bräutigam!
Sperber allein. Er eilt ans Fenster.
Stummes Spiel.
Recitativ.
Sie ist’s, sie ist’s – die herrliche Gestalt,
Schwingt sich herab; schon rührt der kleine Fuß
Die Erde und die zarten Finger spielen
Um ihres Zelters stolzen Hals.
Noch deckt der Schleier mir das theure Antliz.
Doch nun – sie hebt ihn auf – ihr schönen Augen,
Euch seh ich wieder, traute Liebesboten?
Nur Muth, mein Herz, noch ist sie nicht verloren,
(Er tritt vor.)
Sie schaut herauf, und ihre Augen grüßen
Und dieser Blick ruft, noch gehör’ ich Dein!
Sie naht und in freudigen Schlägen
Eilt jubelnd mein Herz ihr entgegen,
Doch still, mein Herz!
Du darfst es niemand sagen,
Wie Du durch Lust und Schmerz
So treu ihr Bild getragen,
Nur still für Dich, nur einsam und allein,
Darfst Du es sagen, noch gedenk’ ich Dein.Variante (auf besonderem Blatt):
Sie naht und in schnelleren Schlägen
Eilt mein jubelndes Herz der Geliebten entgegen,
Poch’ nicht so laut! nur leise darfst Du sagen,
Wie treu durch Stürme Du ihr Bild getragen,
Nur leise flüstern: noch gedenk’ ich Dein!
Arie.
Seyd mir gegrüßt, ihr schönen Sterne,
Ihr Augen, mild wie Mondes Licht,
Ach! selbst in weiter, öder Ferne
Vergaß ich Euren Zauber nicht.
Und ihr, um die mit stolzem Prangen
Der Morgen seine Strahlen gießt,
Ihr holden, jungfräulichen Wangen,
Noch denk ich Eurer, seyd gegrüßt.
Doch Euch die schönsten, wärmsten Grüße,
Ihr weichen Lippen zart und roth,
Dem kleinen Mund, der mir das süße:
»Gedenke mein« zum Abschied both.
Sie naht, und in freudigen Schlägen
Eilt jubelnd mein Herz ihr entgegen.
Doch still, mein freudig Herz!
Du darfst nicht sagen,
Wie Du durch Lust und Schmerz
Ihr Bild getragen,
Nur still für Dich, nur einsam und allein,
Darfst Du es sagen, noch gedenk’ ich Dein.
Sie naht, – ihr Bild getragen (wie Str. 1),
Nur einsam jubeln, einsam und allein,
Darfst Du es sagen, noch gedenk’ ich Dein
Auftritt.
Der Graf v. Gleichen, Hr. v. Dalberg. Frl. Anna. Babette. Der Doctor. Wirth. Sperber.
Wirth. Wie gesagt, Herr Graf, an ein Zimmer ist gar nicht mehr zu denken. Ich wollte Euer Gnaden aus Rücksichten gerne in meiner Tasche logiren, wenn sie groß und schön genug wäre: für’s Gnädige Fräulein gibts noch eine Kammer, aber das ist auch alles.
Graf. Und könnten nicht die andern Gäste –
Wirth. – etwas abtreten? Ja, ich muß nur gestehen, gnädiger Herr, ich als Wirth mache solche Anerbiethungen ungern. Vielleicht thuts einer oder der andere aus Höflichkeit. (ihm ins Ohr) Da steht zum Beispiel einer, der hat viel Geld, ist aber bescheiden wie ein fahrender Schüler, das ist der Herr von –
Graf (hat sich umgesehen) Sperber! (er nähert sich ihm mit treuherzigem Handschlag).
Ei! sieh da lieber Junge! muß man Dich
Am Heerweg suchen und im Wirthshaus finden?
Sey mir gegrüßt: wo kommst Du eben her?
Und hör’ einmal, ein wenig bleich und mager
Kömmst Du mir vor, wo treibst Du Dich denn um?
Denkst auch noch an D – – –, gelt das war
Ein heißer Tag und wär’ der alte Falk
So thöricht nicht auf seinem Sinn beharrt,
Der Kaiser selbst müß’ Dich zum Ritter schlagen.
Du trägst seit jenem Tag die goldnen Sporen.
Sperber.
Ihr seyd zu gütig, Herr! Der alte Falk,
Gott hab ihn seelig, meinte wohl mit Recht,
Ich könnte wohl für diese hohe Ehre
Mich würdiger und besser machen.
Graf.
Nein, vom Kaiser,
Vom Kaiser selbst hat er verblümt gesprochen.
Von einem großen wichtigen Geheimniß,
Kurzum, Du kennst ja seine Art und sicher hat er
Auch Dir solch tolle Mährchen vorgeschwazt.
Doch siehe da, fast hätt’ ich ja vergessen,
Euch meinen Leuten vorzustellen; Anna,
Da ist er wieder, unser schöner Wildfang,
Kennst Du ihn nimmer, daß Du so verlegen
Und steif Dich neigest?
Anna.
Herr von Sperber war
Zu lange unser werth geschäzter Gast
Als daß ich ihn vergeßen konnte; seyd willkommen.
Sperber zu Anna.
Erlaubet, Gnäd’ges Fräulein, daß ich Euch
Begrüße nach der Sitte Eures Hauses?
(Anna zieht einen Handschuh ab; Sperber küßt ihre Hand.)
Dalberg (höhnisch).
Ist das die Sitte Eures Hauses, Fräulein?
Doch ward mir nie das Glück, solang ich auch
Bey Euch auf Gleichen wohnte, daß ich je
Zu Eurem Handkuß zugelassen wurde;
Vielleicht nur, weil ich nicht gefragt, ich hätte
Mich bey dem Schloßvogt nach des Hauses Sitte
Erkundgen sollen. Drum erlaubt mir jetzt –
(will die Hand küssen).
Anna (zieht lächelnd den Handschuh an und zieht die Hand zurück).
Verzeiht, wer erst den Schloßvogt fragen muß,
Was gute Sitte gegen Damen fodert.
Versteht den Vortheil schlecht –
Dalberg (finster).
Ich merke wohl,
Der Herr hier (auf Sperber deutend) hat den Schloßvogt nicht gefragt,
Ich sehe, der versteht sich auf den Vortheil;
Sperber (stolz).
Gewiß, denn wenn ich je von schönen Damen
Ein Pfand der Liebe oder eine Gnade
Erbitten will, da brauch ich keinen dritten,
Wie dieser Herr hier –
Dalberg (auffahrend).
Wie versteht ihr das?
Graf.
Ruhig, ruhig Herr Vetter, und auch Du gib Friede,
Wer wird sich wegen solcher Dinge zanken?
Das, Vetter, ist der tapfre Herr von Sperber,
Der, wie ich Dir schon zwanzig mal erzählt,
Den alten Kaiser Friederich gerettet,
Als er dem Herzog Maximilian, seinem Sohne,
Nächstkünftig unser hochverehrter Kaiser,
Nach Hennegau zu Hilf zog, gegen Frankreich.
Als man nachher dem alten seel’gen Herrn
Das Bein abnahm, der tiefen Wunde wegen,
Die er an jenem Tag empfing, da rief er laut,
»Dem jungen Sperber dank ichs, daß ich lebe.«
Dalberg.
Ihr habt mirs zur Genüge schon erzählt.
Graf.
Nun wenn Ihr’s wißt, so dien es Euch zum Spiegel,
Doch etwas hab ich Euch noch nicht erzählt,
Was damals Kaiser Friedrich beigesezt:
»Bei meinem Bart,« so sprach er, »dieser Sperber,
(Er meinte meinen jungen, wackern Freund),
Ich will ihn einst zu etwas rechtem machen;
Und bänd’ mich nicht mein kaiserliches Wort,
So wollt ich ihn gleich jetzt aus einem Sperber
Zu einem meiner stolzen Adler machen.«
Der Kaiser starb und noch ist er ein Sperber,
Doch mir deßhalb nich minder lieb und werth.
Sperber.
Ich dank’ Euch, Herr! für gütges Angedenken;
Doch noch habt Ihr vergessen, diesen Herrn
Bei seinem Namen mir zu nennen.
Graf.
Ach verzeiht!
Das ist mein Vetter Dalberg, ein gewandter
Bei Hof erzogner Herr! ich wünsche sehr,
Daß ihr zusammen gute Freunde werdet.
Denn allem Anschein nach wird dieser Herr
Mein Eidam werden.
(Die beiden jungen Männer verbeugen sich kalt.)
Dalberg.
Ei, Herr Graf,
Dürft’ich von diesem Anschein eine nähere
Erklärung mir erbitten? Denn Ihr wißt,
Nach dem Vertrag, den unsre beiden Häußer –
Graf.
Ach, freilich, freilich, muß ich meine Anna
An einen Dalberg geben; ja, das ist
Längst ausgemacht, eh’ meine Anna noch
Geboren ward. Nur eines macht mir Scrupel,
Nicht Ihr seyd es gewesen, dem mein Kind
Schon in der Wiege ward verlobt, und Euer Bruder
Ende.