Der Unterschied zwischen einer Hochzeit und einem Leichenbegängnis ist der, daß man bei einem Leichenbegängnis sofort weinen muß, während man bei einer Hochzeit manchmal erst am nächsten Tage weint.

In feinen Kreisen wird nur die Hochzeit gefeiert. Die Ehescheidung wird nicht festlich begangen, obwohl man sich bei einer Ehescheidung oft mehr als bei einer Hochzeit freut . . . Ich werde Ihnen einige Ratschläge geben, wie man sich bei einer Hochzeit verhalten muß.

Der Bräutigam – hm . . . Seine Lage auf der Hochzeit ist zweifellos schwieriger, als die eines geladenen Gastes. Der Gast braucht nicht zur Hochzeit zu kommen, während die Abwesenheit des Bräutigams peinliches Aufsehen erregt. Und nun stellen Sie sich einen jungen Mann mit verzweifelt blassem Gesicht vor, der in einen Frack gepreßt ist und weiße Handschuhe und Lackschuhe trägt . . . Er muß Gratulationen anhören, scherzhafte Bemerkungen der Freunde, Ratschläge der Eltern in Kauf nehmen, muß sich von der Menge in der Kirche begaffen lassen und dabei noch freundlich lächeln . . .

Die Besucher in der Kirche nehmen ihn und die Braut unter Kreuzfeuer.

»Der Arme!« sagt seufzend die dicke Köchin. »So jung und muß schon hineinspringen . . .«

»Bei uns im Spezereiladen hat man erzählt«, bemerkt das Dienstmädchen, »daß seine Braut die Geliebte eines anderen ist. Der hat ihn gezwungen, sie zu heiraten.«

»Was findest du Fesches an ihm? Schau dir bloß seine Nase an!«

Vor diesem Publikum bleibt nichts verborgen, es bemerkt alles.

»Und die Braut? Sie hat ganz rote Augen!«

»Rotgeschminkte Wangen . . . Die Schminke ist so stark aufgetragen, daß sie von den Wangen herunterfällt! Und der Ausschnitt? Wie kann man so zu einer Hochzeit gehen?«

Der Hochzeitsgast muß gut aufgelegt und ein Redner sein. Zur Hochzeit muß er im Frack, im weißen Gilet, in einer Frackhose und frisch rasiert erscheinen . . . Sein Gesicht muß vor Freude glänzen, auch wenn er sich soeben mit seiner Freundin gestritten hat. In der Hand muß er einen Strauß weißer Rosen halten, er muß diesen Strauß der Braut überreichen und ihr lächelnd sagen:

»Diese reinen, unschuldigen Blumen sind das Symbol Ihres reinen, zukünftigen Glückes, das Symbol Ihrer Unschuld!«

Diese letzten Worte darf man auch dann sagen, wenn die Braut und der Bräutigam zehn Jahre in gemeinsamem Haushalt gelebt haben.

Wenn man sauren Wein und schlechtes Essen bekommt, darf man den Blumenstrauß nicht zurücknehmen. Man kann aber vor dem Abschied auf die Braut zutreten und ihr leise zuflüstern:

»Wie kann man Gästen so etwas zum Essen hinstellen? Der Wein war so sauer wie Essig! Und ich habe Ihnen so schöne Rosen gebracht – schicken Sie mir die Blumen zurück. Ich muß morgen zu einer anderen Hochzeit gehen.«

Hochzeitsreden bei der Tafel . . . Hm . . . das ist auch nicht so einfach.

Ich erinnere mich, welch peinlichen Eindruck die Rede eines meiner Freunde auf meiner Hochzeit gemacht hat. Er war Junggeselle und hielt folgende Ansprache:

»Meine Herrschaften, gestatten Sie mir, der Braut und dem Bräutigam zu gratulieren. Ich könnte dem Bräutigam ein langes Leben wünschen, wenn ich nicht fürchtete, daß er das zügellose Leben, das er vor der Hochzeit führte, fortsetzen wird . . . Lieber Freund, jetzt mußt du von den Weibern lassen und mehr auf die Gesundheit aufpassen! . . . Der Braut könnte ich wünschen, daß sie ein paar hübsche pausbackige Kinder bekommt, aber sie hat bereits vor der Hochzeit ein Kind gehabt . . . Ich könnte den Eltern gratulieren, daß sie das Mädchen endlich vom Hals haben. Es ist wahr, die Braut bekommt eine Villa als Mitgift, aber diese Villa ist baufällig, und ich bin fest überzeugt, daß das junge Ehepaar sofort eine Hypothek aufnehmen wird . . . Also wozu davon reden? Ich wünsche auch der Mutter des verehrten Bräutigams Glück. Ich hoffe, daß ihr Sohn seine Mutter besser behandelt, als ihr Gatte es tat, denn er warf ihr alle Gegenstände, die ihm in die Hand kamen, an den Kopf . . . Ich fühle auch die Freude der beiden Tanten der Braut, sie werden sich einmal sattessen können! Ich will feststellen, daß die Löffel, welche die Tanten heimlich eingesteckt haben, nicht aus Silber sind, sondern aus Aluminium . . . Ich beende meine Rede, trinke auf das Wohl aller Gäste und bedaure, daß mir niemand antworten kann, da alle besoffen sind . . . Hurra!«

Eine derartige Rede hat keine Aussicht auf Erfolg – man kann höchstens durchgebleut werden. Daher empfehle ich – um Mißverständnissen aus dem Wege zu gehen – folgende Rede:

»Verehrte Damen und Herren! Ich sehe unter dem Dache dieses ehrwürdigen Hauses blühende Jugend, geistreiches Alter . . . Was hat sie heute vereinigt? Sie sagen einfach: Peter heiratet Werotschka! Er bekommt 45 Millionen, eine Villa, Silber und wer weiß, was noch. Oh, meine Herrschaften, wie oberflächlich beurteilen Sie, was hier vorgeht . . . Meine Herrschaften, hier wird heute der Grundstein zu jenem großen Geheimnis gelegt, aus dem sich der Staat zusammensetzt. Peter hat endlich seine Pflicht vor dem Staat, vor der Gesellschaft erfüllt. Und wenn Sie seine reizende Braut ansehen, so werden Sie sagen: eine angenehme Pflicht. Meine Herrschaften, ich wäre gern selbst an seiner Stelle. (Allgemeines Gelächter, Applaus.) Aber der Weg ist für mich versperrt, ich bin ein überzeugter Frauenhasser, denn ich bin bereits neunzehn Jahre verheiratet . . . (Bewegung auf der linken Seite, wo die Frau des Redners sitzt.)

Meine Herrschaften, ich erhebe das Glas auf das Wohl des Mannes, der heute ein Mädchen heiratet, das es verstanden hat, bis zu seinem neunzehnten Lebensjahre seine Reinheit, seine Unschuld zu wahren . . . Ich trinke auf das Wohl ihrer zukünftigen Kinderchen, die sicher den edlen Charakter ihrer Eltern erben werden . . . Ich trinke auf das Wohl der Eltern, die mit freigebiger Hand (eine Villa, 45 Millionen) das junge Paar beglückt haben . . . Ich trinke auf das Wohl der alten Tante, deren Sohn aus lauter Bescheidenheit unter den Tisch gefallen ist . . . Und mein letzter Toast gilt jenem Herrn, der den Rotwein auf das weiße Tischtuch verschüttet hat, und nun Salz auf den Fleck schüttet – denn Salz und Brot bringen Glück!« (Applaus.)

Dann muß der Redner einen Schluck Wein trinken und nach russischer Sitte »Bitter!« rufen – dann müssen sich Braut und Bräutigam küssen. Diese Sitte wird nur bei Hochzeiten angewendet. Später küßt der Mann selten seine Frau – der Hausfreund küßt sie, und der Mann sagt: »Bitter!«

Wenn Sie eine solche Rede halten, werden Sie rasch beliebt, man wird Sie überall einladen und Sie werden zweifellos eines Tages an der Stelle des Bräutigams sein . . .