(Weltalter der Menschen)

Jimmu und sein älterer Bruder verlassen das Schloß von Takachiho, um im Osten einen neuen Sitz zu begründen. Der Bruder fällt im Kampf mit einem autochthonen Häuptling. Jimmu setzt den Zug fort, ein göttliches Schwert in der Rechten, geleitet von einem himmlischen Raben, begegnet zuerst einigen geschwänzten, aber wohlwollenden Landesgöttern, danach einer Reihe von gleichfalls zumeist geschwänzten Gegnern, nach deren Unterwerfung er zu Kashihabara (»Eichsfeld«) in der Landschaft Yamato die erste Residenz Japans gründet. Der nächste Sitz wird dann, nach den religiösen Anschauungen primitiver Völker, von jedem Regenten neu gewählt. Erst mit dem Eindringen chinesischer Vorstellungen und Einrichtungen wird die Pfalz ständig, zuerst in dem Flecken Nara, dann in Kioto. Das »Kojiki« erzählt die Geschichte von Jimmus Heirat und seiner Regierung, sowie der nachfolgenden Wirren. Es folgen kurze Angaben in der Art ältester Chronologen über die Herrscher der nächsten fünfhundert Jahre. Unter dem Kaiser Sujin im ersten Jahrhundert vor Chr. wütet eine Epidemie, gesandt von dem »Großen Gott von Niwa«, einer der mehreren Gestalten des alten »Landesherrn«. Kaiser Suinin besänftigt den Geist des alten Gottes, führt den Orangenbaum aus dem »ewigen Lande« ein und ersetzt die bisherigen Menschenopfer der Häuptlingsgräber durch Tonbilder. Zu diesem Zwecke gründet er eine Kaste der Töpfer. Es folgt, unter Kaiser Keiko, der »Recke Japans«, Erbprinz Wouso, Yamatodake, der Held berühmter Legenden. Er tötet den eigenen Bruder, der gegen den Kaiser unehrerbietig gewesen ist, und kämpft dann gegen die Kumaso-Rebellen im Westen. Listig verkleidet er sich dort, als derbe Dirne. Das Motiv des weibisch gewordenen Recken (Herakles, Simson, Achill auf Skyros).

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Da kam er nun zum Sitze der »Kumaso-Räuber«, der erhabene Wouso. Dort sah er vor der Burg eine dreifache Reihe Krieger, die sich zu ihrer Wohnung eine Höhle ausgehöhlt hatten. Und indem sie lärmend ein Fest besprachen für die erhabene Höhle, bereiteten sie eben ihre Mahlzeit. Darum begab er sich in die Umgebung, bis das Fest herankam. Und als das Fest kam, da kämmte er, wie Mädchen es tun, sein erhabenes hochgestecktes Haupthaar abwärts und legte die erhabenen Gewänder seiner Base an, also daß er auf das Haar einem Mädchen glich. Er mengte sich unter die Dirnen und ging hinein in die Höhlung. Da setzten ihn die beiden »Kumaso-Räuber«, der ältere und der jüngere, von seinem Anblick trunken, in die Mitte zwischen sich und freuten sich und lärmten ganz gewaltig. Als die Freude aber ganz hochgestiegen war, da zog er sein Schwert aus seinem Busen und ergriff den älteren Bruder an seinem obern Gewandsaum. So stieß er ihm die Waffe in die Brust. Da floh der jüngere Bruder erschrocken, er aber verfolgte und griff ihn an auf der höchsten Stufe des Eingangs. Er zerrte ihn an seiner Rückenhaut und stieß ihm das Schwert ein unterhalb der Lenden. Da redete der Kumaso zu ihm: »Halt’ stille dein Schwert! Ohne, dein Diener hat dir etwas zu sagen.« So gab er ihm einen Augenblick Frist, doch dabei hielt er ihn am Boden fest. – Und er fragte: »Wer ist deine Erhabenheit?« Er erwiderte: »Ich bin der erhabene Sohn des erhaben regierenden Herrn, des ›Vollkommenen Großen Fürsten‹ (Name des Kaisers Keiko), des ›Himmelsfürsten‹, der vom Schloß zu Hishiro in Makimuku das Große Land der acht Inseln beherrscht. Und mein eigener Name ist: ›Der Edel-König, Jung-Herr von Yamato‹. Der ›Erhabene Herr‹ hat vernommen, daß ihr beiden erbärmlichen Räuber aufständisch und aufsässig seid. Darum hat er mich mit dem Befehl entsandt, euch zu ergreifen und zu töten.« Da redete der räuberische Kumaso: »Das ist gewißlich wahr. Denn hier im Westen erreichte uns noch Keiner an Mut und Stärke. Nur im Großen-Yamato soll es einen noch Stärkeren geben denn uns beide. So laß mich dir einen erhabenen Namen verleihen: Von diesem Tag ab sollst du dich billigerweise den erhabenen Fürsten ›Yamato-dake‹ rühmen.« Und als er noch kaum ausgeredet hatte, spaltete er ihn entzwei wie eine reife Melone. Also gab er ihm den Gnadenstoß. Und von diesem Tag an rühmt man ihn stets den Erhabenen Yamato-dake.

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Nach weiteren Siegen wird der Rebellenbezwinger in den Osten entsandt. Zu seinem Schutze übergibt ihm seine Base, die Oberpriesterin von Ise, das altheilige Schwert »Grasmäher« und einen »erhabenenen« Sack.

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So gelangt’ er in das Land Sagamu. Der Herzog des Landes redete da vor ihm lügnerischerweise: »Hier in dieser Heide ist ein großer Salzteich. Der Gott, der diesen bewohnt, ist ein gar gewalttätiger Gott.« So begab er sich denn, um den Gott zu schauen, in die Heide. Der Herzog aber legte Feuer an die Heide. Da gewahrte Yamato-dake den Betrug und er öffnete die Öffnung des Sackes, des Lehens seiner Base, der erhabenen Fürstin von Yamato. Und er ersah in seinem Innern ein Feuerzeug. Da mähte er mit dem erhabenen »Mäher« zuerst die Steppe, danach nahm er das Feuerzeug und ließ Feuer daraus hervorgehen. So entflammte er ein Gegenfeuer, es brannte und schlug zurück. So entkam er selber und tötete und brachte um alle Herzöge dieses Landes. Er legte ohne Verzug Feuer an sie und verbrannte sie.

Danach drang er weiter vor, er überschritt das Meer. Der Gott dieser Straße empörte die Wogen und rüttelte das Schiff, alsosehr, daß es nicht fürder kam. Da redete seine Kaiserin, die mit Namen »Herrin Junge Orange«, vor ihm: »Dein Kebsweib wird an deiner Statt in die See gehen. Der Erhabene Herr soll die Sendung, mit der er gesandt ist, beendigen und, rückgekehrt, Bericht erstatten.« Indem sie sich anschickte, in das Meer hinunterzugehen, breitete sie zuvor acht Lagen Rohrmatten, darauf acht Lagen Felle und darauf acht Lagen Seidenstoffe auf den Wogenkamm. Auf diese ließ sie sich nieder. Alsogleich versanken die tobenden Wogen mit einem Male, also daß das erhabene Schiff weitersegeln konnte. Da sang die Kaiserin ein Lied: »Ganz anders war ich einst unruhig, als du inmitten der Flammen lodernden Feuers warst, in der niedern Steppe, den Blick gerichtet auf den wahren Gipfel.« – Sieben Tage danach wurde der erhabene Kamm der Kaiserin an den Strand gespült. Alsogleich fischte man diesen Kamm auf und brachte ihn in ein erhabenes für ihn errichtetes Grabmal.

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Der Recke aber klagte um seine »Kaiserin« die in Japans Dichtung hochberühmte Klage:

»Da er nun die wilden Emishi bezwungen, all die wilden Gottheiten der Berge und der Ströme, nun heimkehrend in den Paß, da er sein erhabenes Mahl verzehrte, da kam der Straße Gott als ein fleckenloser Dam und stand vor ihm. Und alsogleich, da er ihn mit einem wilden Lauch warf und traf in sein Auge, fiel der Dam zu Boden. Da er nun auf des Passes Höhe war, seufzt’ er zu dreien Malen: Adsuma ha ya! (das ist: Ach, mein Weib!). Darum benannte man das Land mit Namen Adsuma.«

Der hier erscheinende Damhirsch ist eine in der ostasiatischen (zumal der späten buddhistischen) Legende sehr häufige Verwandlung. Aus den Rissen in dem (dem lebenden Tier entnommenen) Schulterblatt wird, wie oben bei der himmlischen Sonnenfinsternis (und wie noch heute bei den Nordostasiaten), vorzugsweise geweissagt.

Yamato-dake vermählt sich dann mit einer anderen Prinzessin. Dieser hinterläßt er sein Schwert, um waffenlos den Gott des Berges Ibuki anzugreifen, einen Eber, so groß wie ein Stier. Der Berggott aber läßt ihn in die Irre gehen und schließlich in einem Schneegestöber umkommen. Lange schleppt der Recke sich hin. In den Bericht sind zahlreiche Lieder eingestreut. Vor den Augen seiner Gattinnen und seiner Kinder verwandelt sich dann des Recken Leib in einen großen Regenpfeifer, der zum Meer entschwebt. Alle eilen ihm nach, »Lieder seufzend«, und errichten ihm am Strande ein Mal. Der Vogel aber verliert sich im hohen Himmel. (Das Nihongi berichtet übrigens wiederholt von anderen ähnlichen »Metamorphosen«.)

Auf des Recken Vater folgen die Kaiser Seimu und Chuai, welch letzterer in seiner Hauptstadt Kiushu ein berühmtes Ende findet:

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Zu jener Zeit war die Kaiserin, die erhabene Fürstin Okinaga-Aarashi, von einem Gotte besessen. Und während der Himmelsfürst in seinem Schloß Kashiki zu Tsukushi daran ging, das Land der Kumaso zu schlagen, und in die erhabene Harfe griff, erforschte der Kanzler, der edle (Greis) Takeuchi, in dem »Reinen Hofe« den Willen der Götter. Da gab ihm die gottbesessene Kaiserin den Rat: »Es ist ein Land gelegen im Westen, und dieses Land hat die Fülle der Schätze, im Aug’ erglänzend; Gold und Silber und alles Sonstige. Dieses Land will ich dir geben.« Da erwiderte der Himmelsfürst mit den Worten: »Wie hoch man auch steigen mag, so erblickt man doch im Westen kein Land, nur die hohe See.« Und er redete noch: »Die Götter lügen mitunter.« Er stieß die erhabene Harfe von sich und spielte nimmer, so saß er in Schweigen. Da erzürnten die Götter und redeten abermals: »Jenes Reich, es ist kein Land, über das du herrschen sollst. Es ist nur der ›Einzige Pfad‹.« Der Kanzler, der edle Takeuchi, rief (aus): »O, mein Himmelsfürst! Furcht (ergreift mich). Schlage doch lieber weiter die erhabene große Harfe!« Da nahm der Himmelsfürst auch langsam die erhabene Harfe wieder an sich und spielte wiederum, jedoch klagend. Aber bald danach wurde der Ton der erhabenen Harfe gar schwach, und man vernahm sie nicht länger. – Sie steckten ein Licht an, und sie sahen: Da war er tot.

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Die Kaiserin und der greise Kanzler (der Methusalem Japans, dem eine Lebensdauer von drei Jahrhunderten zugedichtet wird) forschen zunächst, ob nicht irgendein Frevel im Lande ungesühnt geblieben ist. Darum werden die Götter, die den Kaiser getötet haben, neuerlich befragt. Es sind dies die Sonne und drei der einst aus Idsanagis Reinigungsbad hervorgegangnen Gottheiten. Die Götter antworten: die Kaiserin wird einen Sohn gebären, und die kaiserliche Flotte wird nach genau angegebenen Sühnungen das Reich Shiragi auf Korea erobern. Beides geschieht. Darauf unterwirft die Kaiserin noch die unbotmäßigen Fürsten von Yamato durch eine List, ein in der Art des trojanischen Pferdes mit Kriegern heimlich bemanntes Schiff, und die Residenz wird in dieses Land verlegt. Das Kojiki bringt Trinklieder zu Ehren des Erbprinzen. Dieser wird danach der Kaiser Ojin. Er führt chinesische Bücherrollen und Gewerbe ein. Der legendäre Charakter der Chronik ändert sich aber nicht allzusehr. So bildet den Schluß des Zweiten Buches des Kojiki die Erzählung von einem Gewölbe, bei dessen Bau Bogen und Pfeile eines Gottes in Glyzinien verwandelt werden.

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Von dem Kaiser Nuntoku, der das ganze vierte Jahrhundert lang regiert haben soll, berichten Kojiki und Nihongi beide einen »sozialen« Zug, der hier in beiden Fassungen wiedergegeben werden soll.

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Kojiki: (National-japanisch) Der Himmelsherr bestieg einen hohen Berg und sah vor sich das Land ringsum. Da redete er: »Aus dem Land ringsum steigt kein einziger Rauch auf! Das ganze Land ist von Armut geschlagen! Ich will alle Steuern (und Fronden) des Volkes auf drei Jahre lang aufheben!« So geschah es denn, daß das große Schloß des Kaisers verfiel. Es regnete allerorten hinein. Und dennoch wurde nichts wiederhergestellt. Man schöpfte das Regenwasser in Gefäße. Und man hielt sich an Stellen auf, wo es keine Risse gab. Als man danach wieder auf das Land hinabsah, da stieg der Rauch überall reichlich auf. Da er nun wiederum das Volk reich sah, stellte er die (Fronden und) Steuern wieder her. So ging es dem Landmann gut und die Fron schreckte ihn nicht. Seine Regierung zu rühmen, hieß man sie die »Regierung des Weisen Kaisers«.

Nihongi: (Sino-Japanisch) (Der Kaiser sieht den Rauch wieder aufsteigen.) »Nun ist da Wohlstand.« – Die Kaiserin: »Was begreift Ihr unter Wohlstand?«

Der Kaiser erwiderte ihr: »Dies ist sonnenklar. Wenn der Rauch sich über das Land zieht und die Bevölkerung ungehindert zum Wohlstand gelangt.« Die Kaiserin fuhr fort: »Der Wall um den Palast liegt in Trümmern, wir können ihn nicht wiederherstellen. Alle Baulichkeiten sind in ganz schlechtem Zustand, unser (Schuhwerk) schon leidet darunter. Will man dieses Wohlstand nennen?!« Der Kaiser sagte: »Der Himmel beruft den Fürsten – zum Wohl seines Volkes! Das Volk muß darum die Grundlage von allem bleiben. Des Volkes Armut ist meine eigene Armut, des Volkes Wohlstand ist mein eigener Wohlstand. Ein reiches Volk und ein armer Prinz, dieses gibt es nicht.« (Das Nihongi datiert das Gespräch post 319.)

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Der nächste Kaiser Richu ist der erste auch von der modernen Geschichtsforschung festgestellte Herrscher. Unter ihm werden »Berichterstatter für die einzelnen Provinzen ernannt zur Aufzeichnung der Reden und Ereignisse«. – Die Ereignisse unter dem darauffolgenden Kaiser werden mit vielen, auch sittengeschichtlich bedeutenden, Einzelheiten vorgeführt, die Zeit der letzten elf Kaiser jedoch in bloßen Daten. Das Kojiki schließt seine Erzählung 628 n. Chr. Die darauffolgende Zeit der Einführung des Buddhismus kann nur aus dem Nihongi studiert werden.

Die Gauumrisse (Fudoki)

Die Gauumrisse, ein offiziell geographisches Werk, wurden von der Kaiserin Gemyo (die auch die Niederschrift des Kojiki veranlaßte) zu Anfang des achten Jahrhunderts angeordnet. Aus jeder Provinz sollten an den Hof Angaben über Lage, Einteilung, Bodenbeschaffenheit, Mineralschätze, pflanzliche und tierische Produkte, Namensursprünge und alte Überlieferungen eingeschickt werden. Das Werk ist nur zum Teil und indirekt in einigen späteren Schriften enthalten, vollständig allein der »Umriß« der Provinz Idsumo. Ein in Mythenphantasie schwelgendes und in eigentlich unübersetzbaren Wortspielen blühendes Stück dieses Idsumo-Fu-doki ist die Legende des »Kunibiki«, des Landziehens.